Drachenfrucht und Zitrone, Granatapfel, Ananas oder doch lieber "Fanta Exotic" und "Ultra Instinct"? Die Besucher von Shishabars haben die Wahl – noch.

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Je länger man in der Shishabar Deuces im ersten Wiener Bezirk sitzt, desto schwieriger wird es, die moderne Ausstattung zu schätzen. Mit jedem Zug an einer der Shishas, die auf den Tischen verteilt vor Gruppen und vor einsamen Biertrinkern oder Snackessern stehen, steigt der schwere Duft nach Früchten und Rauch – und mit ihm die Schwierigkeit, das moderne Graffiti auf der einen und die Plastikblätter auf der anderen Wand scharf wahrzunehmen.

Ein Umstand, der sich in wenigen Monaten erübrigen wird. Dann nämlich greift das Rauchverbot in der Gastronomie, das – nachdem es jahrelang diskutiert, beschlossen, dann in einer Volksabstimmung behandelt und anschließend wieder gekippt worden ist – nun, so scheint es, tatsächlich kommt.

Rauchen ist in der Gastronomie künftig verboten, inkludiert sind E-Zigaretten und Shishas, also Wasserpfeifen. Die FPÖ war die einzige Fraktion, die gegen den Nationalratsbeschluss stimmte.

Doch nicht nur in der FPÖ macht sich Ärger über das neue Gesetz breit. Die Wirtschaftskammer etwa nennt das Komplettverbot des Rauchens den "Tod der Shishabars" und warnt davor, dass sich jene, die den süßen Dampf inhalieren, nun in Keller und Hinterzimmer zurückziehen werden. "Ich halte es für zielführender, das offen zu halten, als die Shisha in die Illegalität zu bringen", sagt Peter Dobcak, Obmann der Fachgruppe Gastronomie in der Wirtschaftskammer Wien.

Ein Stück alte Heimat

500 Shishabars gibt es in Österreich, knapp die Hälfte davon in Wien. Die Zahlen hätten sich, so die Wirtschaftskammer, "raketenartig" nach oben entwickelt, die meisten Bars würden von Migranten der zweiten oder dritten Generation betrieben. Sie seien damit ein gelungenes Stück Integration, sagt Dobcak: "Da sitzen die Leute friedlich und für jeden sichtbar, unterhalten sich und genießen das Stück alte Heimat."

Die Shishabar-Betreiber sehen sich ihrer Existenzgrundlage beraubt. Jakob Baran, Betreiber der Titan-Shishabar im Wiener Donauzentrum und Obmann des Shishaverbandes, kündigt gar eine Verfassungsklage an.

In der Shishabar Deuces holt Mitarbeiter Mateo Quiner ein Mundstück aus seiner Hosentasche. Das steckt er auf den Schlauch der Shisha und saugt daran, nachdem er die Kohle angezündet hat und bevor er die Pfeife zum Gast bringt. 20 Euro kostet die günstigste, etwa eine Stunde lang glüht sie vor sich hin. Die Angebotspalette der Tabaksorten reicht von Klassikern wie "Red Berry Peach" bis hin zu Exoten wie "Bonnie & Clyde" oder "Cactus Breeze". Extrawünsche, etwa die "Ice Pipe", ein Schlauch, in dem Eiswürfel den Rauch kühlen, bevor man ihn inhaliert, oder Saft statt Wasser in der Shisha kosten zusätzlich.

"Ich sehe nicht ein, warum man uns zumacht", sagt der junge Mitarbeiter, "Nichtraucher kommen ja ohnehin nicht in unser Lokal, sie haben keinen Grund, sich zu beschweren." Und wer hier arbeite, mache das, weil er gerne hier sei, sagt Quiner zum Thema Arbeitnehmerschutz.

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Rauch für Gourmets

Mit ihm werden 6000 Menschen in Wien und insgesamt 10.000 Menschen in Österreich am 1. November ihren Arbeitsplatz in einem Shishalokal verlieren. Österreich wäre, so argumentieren Gegner des Shishaverbots, ab diesem Tag das einzige Land in der Europäischen Union, in dem das Dampfen von Shishas verboten wäre. Dem ist nicht ganz so: Ein Sprecher der EU-Kommission weist darauf hin, dass es einige Länder gibt, in denen "alles, was irgendwie mit Rauchen zu tun hat, egal ob E-Zigarette oder Shisha, verboten ist". Welche Länder wie genau die Empfehlung des Rates über rauchfreie Umgebungen umsetzen, werde man demnächst evaluieren.

Das Deuces im Ersten wird voller, je näher der Abend rückt. Sishas in unterschiedlichen Höhen ziehen Rauchschwaden nach sich, während sie auf Tische im Lokal und im Gastgarten wandern. Hinter einer roten Kordel ist das Glanzstück des Betriebs, die hüfthohe Meduse – ein Stück tschechischer Handarbeit, in dem von Shisha-Sommeliers kreierte Fruchtcocktails zum "wahren Gourmet-Erlebnis" werden sollen. Ab 1. November wird sie zumindest nicht mehr in einer Shishabar entzündet. Und Mitarbeiter Quiner? Der geht in Zukunft studieren. Nur, wie er sich das Studium finanziert, weiß er noch nicht. (Gabriele Scherndl, 2.7.2019)